Über die Autoren
Florian Decker
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Angestellter Rechtsanwalt
Kanzlei Rechtsanwälte Dr. Schultheiß
Stefan Evertz M.Sc.
Geschäftsführer
Datenschutzbeauftragter TÜV
Der Online-Vertrieb von E-Zigaretten und damit verbundene oder artverwandte Produkte erfreut sich gerade eines großen Zuspruchs. Dabei vergessen die Online-Händler leider immer wieder einen der wichtigsten Punkte in diesem Zusammenhang: Die Altersverifikation.
In dem nachfolgenden Blog-Beitrag zeigen wir Ihnen, auf welche Punkte Sie achten müssen.
Gesetzlicher Hintergrund
Gesetzlicher Ausgangspunkt ist § 10 JuSchG – insbesondere Absatz 3 und 4
(3) Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse dürfen Kindern und Jugendlichen weder im Versandhandel angeboten noch an Kinder und Jugendliche im Wege des Versandhandels abgegeben werden.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für nikotinfreie Erzeugnisse, wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shishas, in denen Flüssigkeit durch ein elektronisches Heizelement verdampft und die entstehenden Aerosole mit dem Mund eingeatmet werden, sowie für deren Behältnisse.
sowie § 1 Absatz 4 JuSchG
(4) Versandhandel im Sinne dieses Gesetzes ist jedes entgeltliche Geschäft, das im Wege der Bestellung und Übersendung einer Ware durch Postversand oder elektronischen Versand ohne persönlichen Kontakt zwischen Lieferant und Besteller oder ohne dass durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt ist, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt, vollzogen wird.
Die jugendschutzrechtlichen Bestimmungen nehmen keine Differenzierung zwischen nikotinhaltigen und nikotinfreien Liquids vor und erstrecken ihren Anwendungsbereich auf sämtliche Formen der E-Zigaretten. Diese dürfen weder an Kinder und Jugendliche angeboten noch abgegeben werden.
Notwendigkeit einer Altersverifikation
Insbesondere beim Online-Handel von E-Zigaretten und Liquids muss ein geeignetes Altersüberprüfungssystem eingerichtet werden, um sicher zu stellen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.
So heißt es in § 10 Abs. 4 JuSchG, dass schon das Anbieten (und nicht erst die Abgabe) nikotinhaltiger Erzeugnisse an Kinder und Jugendliche im Versandhandel verboten ist. Bei weiter Auslegung des Begriffs „Anbieten“ könnte dies so verstanden werden, dass bereits beim Betreten der Website eine Altersprüfung stattfinden muss. Dies dürfte allerdings zu weit gehen, da dies eine unverhältnismäßige Beschränkung des Onlinehandels mit E-Zigaretten darstellen würde und sich solche weitgehenden Einschränkungen auch nicht aus der Begründung des Gesetzesentwurfs zu § 10 Abs. 4 JuSchG entnehmen lassen.
Vielmehr dürfte „Anbieten“ im Sinne eines rechtsverbindlichen Kaufangebots zu verstehen sein, da sich erst dann der Bedarf nach Jugendschutz manifestiert. Nach den üblichen Webshop-AGB stellen die Angebote im Webshop in der Regel noch kein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrages dar, sodass ein rechtsverbindliches Angebot daher im Normalfall durch den Kunden erfolgt und durch den Händler angenommen wird und erst dadurch der Vertragsschluss erfolgt. Das heißt, es wäre ausreichend, wenn die Altersverifikation nach Abgabe der Bestellung und vor Annahme durch den Händler erfolgt.
Der Einfachheit halber (und da die Annahme oft automatisiert erfolgt), sollte die Altersverifikation innerhalb des Check-Out-Prozesses abgebildet werden.
Fällt hierunter auch die sogenannte Click-and-Collect-Variante?
Insoweit kommt natürlich (gerade in Zeiten von Pandemie-Lockdowns) auch die Frage auf, ob die gesetzlichen Vorgaben auch auf eine Click-and-Collect-Variante anzuwenden sind. Click-and-Collect bedeutet, dass der Nutzer die Ware online bestellt und im stationären Einzelhandel abholt – eine Praxis, die vor allem durch Corona an Bedeutung gewonnen hat.
Unabhängig davon, ob die Abwicklung durch die Abholung der Ware vor Ort oder über den Versand erfolgt, solange der Vertragsschluss online stattfindet, fallen Sie unter die gesetzlichen Regelungen.
Anforderungen an die Altersverifikation
Die inhaltlichen Anforderungen an ein Altersverifikationssystem beim Online-Handel mit E-Zigaretten und Nachfüllbehältern sind noch nicht abschließend rechtlich geklärt. Eine Legitimation per Postident-Verfahren scheidet aus praktischen Gründen in der Regel aus, wobei der Gesetzesentwurf selbst davon ausgeht, dass eine bloße Feststellung der Volljährigkeit anhand der Personalausweisnummer ausreichend, der Mehraufwand für Postident also nicht notwendig wäre.
Allerdings greifen Lösungen wie das Anklicken einer Checkbox, die Angabe eines Geburtsdatums oder ein reines Pop-Up-Fenster, in dem mit „Ja“ oder „Nein“ bestätigen kann, dass man mindestens 18 Jahre alt ist, deutlich zu kurz.
Die Variante des Uploads des Nachweises (also des Personalausweises oder des Führerscheins) ist im Prinzip eine funktionale Lösung, um die Anforderungen des JuSchG zu erfüllen, jedoch bestehen hierbei gewisse datenschutzrechtliche Bedenken, sodass auch diese Lösung nicht zu empfehlen sein dürfte (Auch wenn ein solcher Upload nun wohl auf Grund des am 29.7.2017 in Kraft getretenen, überarbeitete Personalausweisgesetz, dort in § 20 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 PAuswG, gestattet ist, da dort der Upload zum Zwecke der Identifikation und Legitimation, was eine Altersverifikation mit einschließt, zugelassen wird).
Ein reiner Abgleich mit den Daten des Ausweises, stellt aus unserer Sicht die beste Variante dar. Viele Tools bieten hier auch Möglichkeiten ausländische Pässe zu verwenden, sodass der Kundenkreis nicht auf Menschen, mit einem deutschen Personalausweis beschränkt werden muss. Allerdings ist hier immer das jeweilige Tool auch aus datenschutzrechtlicher Sicht zu prüfen, weswegen keine allgemeine Empfehlung erfolgen kann.
Leider sind viele der Tools rechtlich unzureichend und stellen somit ein akutes Abmahnrisiko für den Shop-Betreiber dar. Daneben gibt es auch einige Lösungen, die zwar rechtlich in Ordnung sind, aber viele potenzielle Kunden durch Komplexität und schlechte Usability abschrecken dürften.
Wir haben mittlerweile eine ganze Reihe Tools und Plug-Ins zur Altersverifikation getestet und können Ihnen hier gerne eine Einschätzung geben, welche Lösungen in Ihrem konkreten Fall rechtlich sowie betriebswirtschaftlich sinnvoll wären.
Letztlich ist eine Altersverifikation in zwei Stufen notwendig:
1.) Prüfungsstufe im Online-Shop
Hier nennt der Gesetzgeber selbst technische Mittel, wie zum Beispiel Prüfroutinen zur Feststellung der Volljährigkeit anhand der Personalausweisnummer (so genannter Perso-Check) oder verifizierter Adressdaten (zum Beispiel Schufa-Q-Bit-Check).
2.) Prüfungsstufe bei Auslieferung
Waren dürfen nur an Personen ausgehändigt werden, die über 18 Jahre alt sind bzw. es muss sichergestellt werden, dass die getätigten Angaben des Käufers bezüglich des Alters auch richtig waren. Dafür ist bei der Post eine DHL Identitäts- und Altersprüfung anzuwenden, welche einen Euro zusätzlich zum normalen Versand kostet.
ODER
2.) Prüfungsstufe bei Abholung im Ladengeschäft
Waren dürfen nur an Personen ausgehändigt werden, die über 18 Jahre alt sind bzw. es muss sicherstellt werden, dass die getätigten Angaben des Käufers bezüglich des Alters auch richtig waren. Eine Identitäts- und Altersprüfung muss somit auch bei Abholung im Ladengeschäft erfolgen.
Abmahnungen können teuer werden
Die Folge von Fehlern bei der Altersverifikation, können gerade für Betreiber kleinerer Online-Shops, schnell existenzbedrohend werden. Das Jugendschutzgesetz sieht in § 28 Abs. 1 und Abs. 5 JuSchG bei Verstößen ein Bußgeld von bis zu 50.000 € vor.
Neben dem Bußgeld, drohen insbesondere auch Kosten durch Abmahnungen von Mitbewerbern oder Verbänden. Im Online-Handel sind wettbewerbsrechtliche Abmahnungen leider stark verbreitet.
Fazit
Bei der Altersprüfung verstehen der Gesetzgeber und die Gerichte keinen Spaß. Auf Grund der erheblichen Risiken, ist es wichtig, ein rechtlich sauberes Vorgehen zu implementieren. Viele Lösungswege sind leider nur auf den ersten Blick rechtssicher. Daher ist es empfehlenswert, sich professionell beraten zulassen.
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