Über die Autoren

Dennis Morgenstern LL.M. MBA
Wirtschaftsjurist
Geschäftsführer
Gesellschafter

Florian Decker
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Angestellter Rechtsanwalt
Kanzlei Rechtsanwälte Dr. Schultheiß

Was ist der rechtliche Hintergrund?

Für Menschen mit einer Behinderung ist die Teilhabe an digitalen Produkten und Dienstleistungen nur erschwert oder eingeschränkt möglich. Daher tritt am 28. Juni 2025 das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft, welches den European Accessibility Act (EAA) (zu Deutsch: RICHTLINIE (EU) 2019/882 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 17. April 2019  über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen) ins nationale Recht umsetzt und das Ziel verfolgt, das Recht dieser Menschen auf Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu stärken. Durch das Gesetz werden erstmals private Wirtschaftsakteure dazu verpflichtet, Barrierefreiheitsanforderungen einzuhalten, sofern ihre Dienstleistungen oder Produkte in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen.

Wer ist von dem Gesetz nicht betroffen?

B2B: Wirtschaftsakteure, also Hersteller, Bevollmächtigter, Einführer, Händler oder Dienstleistungserbringer (§ 2 Nr. 15 BFSG) die ihre Produkte oder Dienstleistungen ausschließlich anderen Unternehmen anbieten (B2B); das ist § 1 Abs. 3 BFSG zu entnehmen.

Kleinstunternehmen, die ausschließlich Dienstleistungen erbringen: Ein Kleinstunternehmen ist ein Unternehmen, das weniger als zehn Personen beschäftigt und das entweder einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro erzielt oder dessen Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 2 Millionen Euro beläuft. Ein solches muss die Forderungen zur Barrierefreiheit (§ 3 Abs. 1 BFSG) nicht erfüllen, wenn es ausschließlich Dienstleistungen im Sinne des Gesetzes anbietet. Das ist § 3 Abs. 3 BFSG zu entnehmen.

Wer ist von dem Gesetz betroffen?

Wirtschaftsakteure, also Hersteller, Bevollmächtigter, Einführer, Händler oder Dienstleistungserbringer (auch wenn diese Kleinstunternehmen sind) von in § 1 Abs. 2 BFSG genannten Produkten.

Wirtschaftsakteure, die Dienstleistungen nach § 1 Abs. 3 BFSG erbringen (außer es handelt sich um Kleinstunternehmen):

Diese Auflistung ist abschließend. Wenn Ihre Tätigkeit nicht unter diese Kategorien fällt, dann gelten die Anforderungen des BFSG auch nicht für Sie.

Das ist zunächst wichtig zu wissen, da es vermehrt Stimmen gibt, die hier auch gerne mal (bewusst) Unsinn erzählen, wie etwa eine Werbeagentur, welche ausschließlich Websites für Ärzte erstellt und dann pauschal behauptet, dass das Gesetz für jede Arzt-Website gilt. Das Gesetz kann natürlich auch für eine Arzt-Website gelten, die pauschale Behauptung, dass dies immer der Fall ist, ist jedoch falsch. Wir werden Ihnen – bezogen auf unsere Kunden, also Website- und Online-Shop-Betreiber – nachfolgend erläutern, auf was es letztlich ankommt.

Hinweis für die Zukunft: Unsere Darstellung bezieht sich auf den aktuellen Stand des Gesetzes (Februar 2025). Laut den Leitlinien zur Anwendung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes der Bundesfachstelle Barrierefreiheit, erscheint es möglich, dass der Geltungsbereich des BFSG in den nächsten Jahren auch auf weitere Produkte und Dienstleistungen ausgeweitet wird, sodass Sie – sollten Sie auch jetzt noch nicht unter den Anwendungsbereich des BFSG fallen – ggf. zu einem späteren Zeitpunkt verpflichtet sein können, die Regelungen umzusetzen.

Wir befassen uns im Folgenden ausschließlich mit den für unsere Kunden, also Website- und Online-Shop-Betreiber, relevante Themen des BFSG.

Ich bin nur im B2B tätig, was muss ich dennoch beachten?

Das BFSG findet ausschließlich im B2C-Bereich Anwendung. Bedeutet, solange Sie Ihre Produkte oder Dienstleistungen nicht (auch) an Verbraucher anbieten, müssen Sie die Regelungen nicht umsetzen. Wichtig ist jedoch, dass eindeutig erkennbar ist, dass sich das Angebot ausschließlich an Unternehmer richtet und keine Verträge mit Verbrauchern geschlossen werden. Dies kann insbesondere für Online-Shop Betreiber eine große Hürde darstellen.

Ich stelle auf meiner Website lediglich mein Unternehmen vor. Falle ich unter das BFSG?

Wenn über die Website keine B2C Verträge geschlossen werden können (Achtung: Terminvereinbarung zählt dazu!), dann muss keine Anpassung nach dem BFSG erfolgen. Das Gesetz ist nur dann anwendbar, wenn die Möglichkeit zum Vertragsschluss angeboten wird und damit eine Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr gegeben ist. Maßgeblich ist, dass die Website aktiv auf einen Vertragsabschluss hinwirkt. Hier kommen wir zu unserem Ausgangsbeispiel. Bietet ein Arzt eine Terminbuchung über seine Website an, dann fällt er unter das BFSG. Stellt er lediglich seine Praxis vor, fällt er nicht unter das BFSG. Auch ein Kontaktformular fällt somit nicht in jedem Fall unter das BFSG, es sei denn, es soll hiermit konkret ein Vertragsabschluss vorbereitet werden (wobei es hier stark auf die Ausgestaltung und Einbindung des Formulars ankommen wird). Elemente der Webseite, die sich auf den Verkauf von Leistungen an Verbraucher beziehen, müssen aber entsprechend barrierefrei gestaltet sein, was dann auch für solche Formulare zur Kontaktaufnahme, Terminbuchung etc. gelten würde.

Was muss ich als Online-Shop Betreiber beachten?

Zunächst muss der Online-Shop nach den Vorgaben des Gesetzes gestaltet sein. Zudem treffen die Online-Shop Betreiber (auch) bezogen auf die Barrierefreiheit Informationspflichten, die in den AGB oder auf andere deutlich wahrnehmbare Weise erfüllt werden müssen

Bis wann muss meine Website / mein Online-Shop barrierefrei sein, wenn ich unter das BFSG falle?

Die Regelungen gelten grundsätzlich ab dem 28.06.2025. Ausnahmen und somit verlängerte Übergangsfristen existieren nach § 38 BFSG lediglich für einige Produkte und Dienstleistungen.

Was kann bei Nichtumsetzung drohen?

Zunächst sieht das BSFG in § 37 Bußgelder bis zu 100.000 Euro vor. Es spricht des Weiteren vieles dafür, dass Gerichte die Vorgaben des BFSG (oder wesentliche Teile derselben) als sogenannte Marktverhaltensregeln ansehen werden, wodurch Abmahnungen durch Wettbewerber möglich sein werden. Verbraucher- und Wettbewerbsverbände können Verstöße ebenso ahnden.

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